NEU.LAND. Onlineumfrage
Was treibt Menschen in der Landwirtschaft an, was hält sie zurück – sei es bei der Weiterentwicklung bestehender Betriebszweige oder bei der Erschließung neuer Geschäftsfelder der Diversifizierung? Was hilft oder hemmt bei Veränderungen auf dem Hof?
Die vorliegende Umfrage des landwirtschaftlichen Gründerzentrums NEU.LAND. an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) untersucht die Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe in Bayern. Im Mittelpunkt stehen bereits umgesetzte sowie geplante Vorhaben, insbesondere im Hinblick auf zusätzliche Einkommensquellen und die damit verbundene Diversifizierung in der bayerischen Landwirtschaft.
Ziel ist ein besseres Verständnis für Motive, Herausforderungen, Erfolgsfaktoren sowie Unterstützungsbedarfe in der bayerischen Landwirtschaft im Zusammenhang mit der Betriebsentwicklung.
„Um die Landwirtschaft zukunftsfähig zu gestalten, brauchen wir die Stimmen derer, die sie täglich prägen“, so LfL-Präsident Stephan Sedlmayer zum Start der Online-Umfrage.
Inhaltlich standen folgende Themenblöcke im Mittelpunkt der Befragung:
- Einschätzung zu Zukunftsperspektiven und Motive für Veränderungen
- Betriebliche und persönliche Herausforderungen
- Erfolgsfaktoren und Wünsche zu möglichen Unterstützungsangeboten
- Potenziale für neue Geschäftsfelder der Diversifizierung
Hintergrund zur Methode und Datenerhebung
Die Erhebung fand von 16. Dezember 2024 bis 15. März 2025 statt und wurde über Newsletter, staatliche Einrichtungen, Verbände, soziale Medien und Fachpresse verbreitet sowie durch Kommunikationsmaßnahmen beworben.
Insgesamt nahmen 1.931 Personen an der freiwilligen Onlinebefragung teil, darunter 1.583 Personen aus der landwirtschaftlichen Praxis mit unterschiedlichsten Funktionen im Betrieb - von Betriebsleitung über Hofnachfolge bis Familienmitglied. Die Stichprobe ist in wesentlichen strukturellen Merkmalen – wie Erwerbsform, Betriebstyp und landwirtschaftlich genutzter Fläche – mit der Situation in der bayerischen Landwirtschaft vergleichbar. Rund zwei Drittel der Betriebe betrieben Diversifizierung, also Einkommenskombination. Darüber hinaus nahmen 348 Agrarexpertinnen und -experten aus Wissenschaft, Beratung und Verbänden teil, die im Durchschnitt über mehrjährige Berufserfahrung und damit über fundiertes Wissen, vor allem in den Bereichen Diversifizierung und Betriebswirtschaft verfügen. Ihre Einschätzungen decken sich in vielen Punkten mit den Angaben aus der landwirtschaftlichen Praxis und erweitern damit die Wissensbasis der Studie.
Studien, die die Wahrnehmung landwirtschaftlicher Betriebe und von Agrarexpertinnen und -experten zu diesen Fragen systematisch erfassen und gegenüberstellen, liegen bisher nur begrenzt vor. Dies unterstreicht die Bedeutung dieser Untersuchungsergebnisse.
Die Struktur des Fragebogens ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der Ergebnisse nach sozioökonomischen Merkmalen. Die Gruppe der Befragten aus landwirtschaftlicher Praxis lassen sich hierbei in zwei zentrale Teilgruppen unterscheiden. Insgesamt gaben 333 Befragte an, in den letzten drei Jahren einen neuen Betriebszweig gegründet zu haben, sie wurden retrospektiv zu ihren Erfahrungen befragt. Eine weitere Gruppe von 1.246 Befragten ohne Betriebsentwicklung im gleichen Zeitraum wurde vorrangig zu ihren zukünftigen Planungen befragt. Im Rahmen der Arbeit von NEU.LAND. ist insbesondere die Gruppe der 237 Befragten relevant, die den Einstieg in einen neuen Betriebszweig planen. Darüber hinaus erlaubt die Datengrundlage die Betrachtung weiterer sozioökonomischer Untergruppen, wodurch sich spezifische Unterschiede herausarbeiten lassen (z.B. Haupt-/Nebenerwerb, Betriebsgröße, Geschlecht, usw.).
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der Onlineumfrage
- Motive für Betriebsentwicklung sind überwiegend ökonomisch geprägt (z. B. Zukunfts- und Einkommenssicherung). Gleichzeitig zeigt sich eine große Bedeutung intrinsischer Beweggründe wie Selbstverwirklichung und die Schaffung eines gesellschaftlichen Mehrwerts. Je nach Teilgruppe variiert die Gewichtung dieser Motive.
- Herausforderungen bei der Umsetzung neuer Vorhaben treten auf betrieblicher (Markt- und Planungsunsicherheit, rechtliche Rahmenbedingungen) als auch die persönlicher Ebene (Generationenkonflikte, Angst zu scheitern, Entscheidungsschwierigkeiten) auf. Erfolgreiche Betriebsentwicklungen erfordern daher ein gleichzeitiges Berücksichtigen struktureller und individueller Faktoren.
- Erfolgsfaktoren liegen insbesondere im familiären Rückhalt, in Austausch- und Netzwerkstrukturen sowie in praxisnaher Beratung.
- Coaching als zusätzliche Unterstützung bei Veränderungs- und Gründungsprozessen ist der Mehrheit der Befragten nicht bekannt. Gleichzeitig zeigt sich eine grundsätzliche Offenheit gegenüber diesem Angebot.
- Zukunftsperspektiven ihrer Betriebe schätzen die Befragten unterschiedlich ein: etwa ein Drittel beurteilt sie positiv, ein weiteres Drittel teils/teils, und der Rest eher negativ. Mehr als die Hälfte plant, ihren Betrieb in naher Zukunft weiterzuentwickeln, während ein Drittel ihn unverändert fortführen möchte; nur eine geringe Zahl erwägt eine Aufgabe des Betriebs.
- Potenziale werden vornehmlich in der betriebseigenen Verarbeitung und Direktvermarktung, in der Energieerzeugung und -vermarktung sowie in der Honorierung von Umweltleistungen gesehen.
Aus den Ergebnissen ergeben sich für NEU.LAND. folgende Handlungsfelder:
- Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Austausch und Vernetzung zwischen Praxis, Beratung und Wissenschaft. Praxisnahe Formate wie Stakeholder Foren und digitale LfL InfoTalks sollen den Wissenstransfer und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle weiter fördern.
- Die Ergebnisse werden in einer geplanten ökonomischen und strukturellen Analyse neuer Geschäftsfelder der Diversifizierung Berücksichtigung finden. Dies umfasst insbesondere Marktpotenzialanalysen, die Identifikation relevanter Kennzahlen sowie die Priorisierung vielversprechender Geschäftsfelder.
- Es sind die Menschen auf den Betrieben, die Ideen entwickeln, Entscheidungen treffen und Veränderungen umsetzen. Die vorliegenden Ergebnisse unterstreichen den Forschungsbedarf, insbesondere im Zusammenhang mit sozioökonomischen und agrarsoziologischen Fragestellungen, die mit Veränderungs- und Gründungsprozessen auf landwirtschaftlichen Betrieben einhergehen und rücken den Menschen als zentrale Instanz für Umsetzung und Erfolg unweigerlich stärker in den Fokus. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt NEU.LAND., diese Thematik systematisch auszubauen und durch den Aufbau von Netzwerken eine engere Verzahnung von Forschung und Praxis zu erreichen.
Fazit und Ausblick
Die vorliegenden Ergebnisse der quantitativen Umfrage sind Teil eines Methodenmixes im Rahmen des Pilotprojekts „Coaching in der Gründungsphase“ des landwirtschaftlichen Gründerzentrums NEU.LAND. und liefern eine empirische Grundlage. Im nächsten Schritt werden sie durch qualitative Interviews mit Agrarexpertinnen und -experten ergänzt. Die Verknüpfung und abschließende Diskussion der quantitativen Ergebnisse aus der Online-Umfrage, den qualitativen Interviews und den weiteren Projektergebnissen erfolgt im Abschlussbericht des Pilotprojekts im Jahr 2026.
Ziel ist eine vertiefte Einordnung und Validierung der Umfrageergebnisse, um praxisrelevante Erkenntnisse für Forschung und Beratung zu gewinnen sowie Handlungsempfehlungen auch für die Arbeit des landwirtschaftlichen Gründerzentrums NEU.LAND. als Bestandteil des Unterstützungssystems für landwirtschaftliche Betriebe in Bayern abzuleiten.
Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, Betriebszweiggründungen mit Fokus auf Diversifizierung und Veränderungsprozesse gezielt zu fördern und landwirtschaftliche Betriebe in Bayern bei deren Umsetzung wirksam zu unterstützen.
NEU.LAND.
Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Institut für Agrarökonomie – Arbeitsbereich Diversifizierung
Hans-Loher-Str. 32, 94099 Ruhstorf an der Rott
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